Dass ihn seine Heimatgemeinde jetzt ehrt – http://www.mittelbayerische.de/index.cfm?pid=10009&pk=895684&p=1 –, ist ein schöner Anlass, sich mal wieder an Sepp zu erinnern. Er war ja ein Mann von großer Ausstrahlung und sein Leben eine Heldengeschichte der Art, die die Amis „bigger than life“ nennen. Aber darunter oder daneben liefen noch ein paar kleinere Geschichten, die auch erzählt werden wollen.
Der Sepp war der Sepp
Täte man meinen. Trotzdem gab und gibt es bis heute immer wieder Leute, die glauben, der Sepp wäre ich oder ich wäre der Sepp, sprich: die uns beide verwechseln. Selbst vor einem Jahr noch ist mir das wieder passiert, bei den Grünen in Berlin. Das wird in der Regel sehr peinlich, wenn ich den Irrtum aufklären und darauf hinweisen muss, dass ich weder Bürgermeister war noch gestorben bin. Zweimal Sepp D., Biobauer, Bayerisch-Sprecher: das überfordert leicht. Umso leichter als viele nicht mehr wissen, dass „Sepp“ ein Männername ist und kein Gattungsbegriff. Nur ein paar Beispiele einer jahrelangen Verwechslungskomödie.
Der doppelte Sepp
Im Vorwahlkampf 2003 auf dem Freisinger Wochenmarkt höre ich am Infostand: „Ich dachte, Sie haben einen Bart …“ – „Sepp Dürr, der kleine da?“ – „Sind Sie nicht aus Waging?“ Meist weiß ich nicht, wen die Leute mit wem verwechseln. So haben selbst die Eltern meines Mitarbeiters über Jahre geglaubt, er sei bei dem Sepp beschäftigt, der als Daxenberger im Fernsehen auftritt – auch wenn er in Wirklichkeit Dürr heißt. Immer wieder habe ich unter meinem eigenen Namen Anschreiben an den Bürgermeister von Waging oder den grünen Parteivorsitzenden bekommen. Umgekehrt wurde Sepp unter seinem Namen beschimpft für das, was ich wieder im Landtag gesagt habe. So schickte mir die Parteizentrale eines Tages den empörten Brief eines „Merkur“-Lesers: „Sehr geehrter Herr Daxenberger, ich war kein Wähler der ‚Grünen‘, habe Sie und Ihre Aktionen, Herr Daxenberger, immer mit großem Respekt verfolgt. Hut ab vor Ihrem Mut. Was Sie allerdings zu den Überfällen in der U-Bahn von sich gegeben haben, ist an Schwachsinn kaum zu übertreffen. … Haben Sie den Kommentar von Herrn Anastasiadis hier gelesen …“ Ich hatte ihn gelesen. Anastasiadis hat mich persönlich kritisiert und meinen Namen bereits in der ersten Zeile genannt. Aber wenn ein Bild im Kopf mal fix ist, hilft kein Vorschlaghammer.
Der vielgestalte Sepp
Auch auf den regelmäßigen Treffen der grünen Fraktionsvorsitzenden aus Bund und Ländern kam es immer wieder zu Missverständnissen. 2005, als Fischer noch in Amt und Würden war und unsere Konferenz beehrt hatte, hält er beim seinem vorzeitigen Aufbruch bei mir inne und fragt besorgt: „Sepp, wie geht’s dir jetzt?“ Mir hat nichts gefehlt. Aber ich sag ihm, dass es Daxenberger gut gehe, auch wenn die Krankheit bestenfalls gestoppt sei. Darauf nuschelt er sich davon. Aber mir ist es mindestens so peinlich, dass ich offenbar der falsche Sepp bin.
Und obwohl wir uns nun schon solange kennen, verwechseln mich im Laufe der Jahre nicht nur frisch gewählte Fraktionsvorsitzende wie die Berlinerin, sondern auch die aus Bremen und ihr Geschäftsführer. Erstere lobte überschwänglich meine besondere regionale Verwurzelung und Popularität. Die anderen beiden freuten sich, dass es mir wieder besser geht. Leider war ich nicht dabei, als die Kolleginnen und Kollegen dann Sepp getroffen haben, als er selber dann Fraktionsvorsitzender war. Ob sie sich dann gewundert haben, wie stark ich mich schon wieder verändert habe? Oder er?
Ein virtueller Sepp?
So lief das die Jahre über, auf allen Ebenen. Im Dachauer Hinterland, vor der Wirtshaustür: „Sie san nicht der Daxenberger!?“ – „Nein.“ – „…“ – „Ich bin der Dürr.“ – „Hab ich mir doch gleich denkt, zwei Halbe können nicht schuld sein …“ Er wünscht mir nicht nur ein gutes neues Jahr, sondern besonders Gesundheit. Denn er sei zwar „von einer anderen Fraktion“, fände mich aber sehr sympathisch. Meint er jetzt wirklich mich, den Daxenberger oder einen
virtuellen grünen Sepp?
Ein anderes Mal helfe ich, einen Rollstuhlfahrer aus der mit einem Kinderwagen versperrten U-Bahn-Tür zu bekommen. Zum Dank hat dann sein Begleiter zu mir gesagt: „Ah, Sepp Daxenberger!“ Selbst in meinem eigenen Stimmkreis schicken mir die Betriebsrentner eine Einladung zu ihrer Mitgliederversammlung in Dießen: an Sepp Daxenberger, Dorfstr. 8 in Germering. Und als ich im Sommer 2010 wegen der Landesbank wieder einmal in Klagenfurt bin, bekommt mein grüner Kollege Rolf Holub ein kondolierendes Email, in dem der Absender das schreckliche Schicksal bedauert – von „Sepp Dürr und seiner Frau“.
Makaber bis heiter
Da war alles dabei: von makaber bis heiter. Im Wahlkampf 2003 war die Bundestagsfraktion zu unserer Unterstützung auf Klausur in Miesbach. Wir, als „Vierer-Spitzenteam“, haben versucht, etwas von deren Glanz abzubekommen. Es war spät geworden. Filmreif war die Szene danach, die sich nachts um ½ 3 in meinem Zimmer abspielt: auf einmal stehen Sepp und seine Freundin vor meinem Bett. Ich schrecke aus dem Schlaf hoch vom Ausruf: „Da liegt schon einer“. Man hat das Zimmer zweimal vergeben bzw. man hat mich auf Sepps Namen eingecheckt. Unten beim Portier hat sich Sepp schon gewundert, weil sein Chip weg war und jemand unterschrieben hatte. Er habe dann meine „Klaue“ erkannt. Trotzdem sind sie erst mal hoch marschiert und rein ins Zimmer. Dann hat sich seine Freundin eine Zigarette angezündet und beide haben sich auf mein Bett gesetzt und es sich erst mal ein bisschen gemütlich gemacht, obwohl sie am nächsten Tag um 7 nach Waging fahren mussten. Da hatte Sepp die Ruhe weg.