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Archiv für den Monat Januar 2013

Die Menschen in Bayern haben ganz hohe Erwartungen an uns. Sie wollen von uns nicht bloß Antworten auf einzelne Fachfragen. Sie erwarten von uns deutlich mehr, nämlich Orientierung und wenigstens einen Fingerzeig, wie es trotz aller Krisen weitergehen kann. Das Gefühl, dass wir so nicht einfach so weiter machen können wie bisher, ist erstaunlich weit verbreitet. Viele spüren, dass die Finanzkrisen systemisch produziert werden, und dass die Mittel, mit denen die eine Krise bekämpft wird, die nächste verursachen. Und fast alle sehen auch, dass unser Planet für die vorherrschende Art Wohlstand einfach zu klein ist.

Diffuses Krisengefühl
So verbreitet dieses diffuse Krisengefühl ist, so wenig ist den meisten Menschen klar, wie sie damit umgehen sollen. Manche stecken den Kopf in den Sand und konsumieren höchstens schneller als zuvor. Andere resignieren. Aber viele haben die Hoffnung auf eine Lösung noch nicht aufgegeben. Sie hoffen dabei auf uns. Es ist unsere Aufgabe, ihnen Orientierung zu geben. Deshalb müssen wir auch jetzt im Wahlkampf die Frage stellen, was ein gutes Leben ausmacht, und was das sein soll: Wohlstand ohne materielles Wachstum.

Historische Mission für uns Grüne
Ich sehe darin sogar so etwas wie eine historische Mission für uns Grüne. Nur wir können die politischen Rahmenbedingungen erzwingen, damit hier bei uns ein Wohlstandsmodell entstehen kann, das so attraktiv ist und so vorbildlich auf die Welt wirkt wie das derzeitige klimaschädliche. Denn das ist derzeit das Verheerende: dass alle so leben wollen wie wir, dass sie auf unbegrenztes Wachstum setzen, mit all den klimaschädlichen Konsequenzen, obwohl die Ressourcen dieser Welt endlich sind. Weil es kein anderes Vorbild eines guten Lebens gibt, expandiert unser derzeitiges Wohlstandsmodell immer noch so rasend schnell, obwohl jeder weiß, dass es nicht tragfähig und von gestern ist.

Vorbild Bayern
Wenn es uns gelänge, in dieser Funktion eines weltweiten Vorbilds einen Kulturwandel vorzuleben, wäre das eine historische Leistung ersten Ranges. Deutschland, und besonders Bayern, hat eine besondere Verantwortung: einmal weil, wie gesagt, die Welt unserem Wohlstandsmodell nacheifert, zum anderen weil wir alle wissenschaftlichen, technologischen, strukturellen Voraussetzungen haben, also als Gesellschaft reich genug sind, was Neues anzugehen, und schließlich weil wir Grünen nirgendwo sonst auf der Welt so eine wichtige Rolle spielen. Welche wirksamen Weichen wir stellen können, wenn wir regieren, haben wir auf Bundesebene gezeigt: das Erneuerbare-Energien-Gesetz hat die energiepolitische Landschaft von Grund auf verändert. Und auch in Fragen des gesellschaftlichen Zusammenlebens haben wir Veränderungen eingeleitet, die bis heute Wirkung zeigen. Diese Chance haben wir im Herbst auch bei uns in Bayern.

Landtagswahl: Historische Chance
Wir haben bei dieser Wahl die historisch einmalige Chance, die CSU aus der Regierung zu schmeißen und selber zu regieren. Es fehlt wirklich nicht viel, es geht um ein paar Prozentpunkte. Das was den Menschen in Bayern derzeit vor allem zu einer echten Wahlentscheidung fehlt, ist eine klare Alternative. Auch hier sehe ich für uns Grüne eine besondere Aufgabe: Wir müssen die Alternative zur Herrschaft der CSU aufzeigen. Ich glaube, dass wir nur dann im Herbst regieren werden, wenn es uns gelingt, im Wahlkampf eine inhaltlich dominierende Rolle zu spielen. Wir sind die Gegenspielerin der abgewirtschafteten CSU, die immer noch in den politischen Mustern von gestern denkt:
von 3. Startbahn bis freifließender Donau, von Herdprämie bis Gleichstellung und Quote, überall haben wir Grünen die bessere Alternative.

Für Kulturwandel und Politikwechsel in Bayern
Ich sehe also für uns bayerische Grüne in den nächsten Jahren zwei große Aufgaben: Wir haben erstens die einmalige Chance, in Bayern in einer Regierung ohne CSU mitzuwirken und direkt zu gestalten. Dafür sollten wir jetzt alles tun und die Gelegenheit wirklich ergreifen. Das wird für Bayern einen ungeheuren Modernisierungsschub bedeuten, wenn wir regieren! Mindestens so wichtig und damit eng verbunden aber ist zweitens, dass wir Grünen in unserem Land einen Kulturwandel bewirken, weg vom bisherigen Wirtschaften und Leben auf Pump hin zu einem klimaverträglichen, gerechten Lebensstil.
Für beide Aufgaben bringe ich viel Erfahrung und Begeisterung mit, zu beiden möchte ich meinen Beitrag leisten. Deshalb bitte ich Euch um Eure Unterstützung für meine Kandidatur.

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Man glaubt nicht, wie virulent auch heute noch Nazi-Mythen und Topoi – Geschichts-, Sprachbilder und Gemeinplätze – sind, bis man mal wieder selber über einen stolpert. Gerade bei größeren Krisen finden sie offenbar leicht und unreflektiert aus dem Bodensatz nach oben, wenn sich Risse auftun im gewohnt routinierten Weltbewältigen. Da zeigt sich dann, wie viel aus Nazi-Gedankengut auch heute noch im gesunden Volksempfinden herumgeistert – leider auch in meinem eigenen.

Je härter die Therapie, desto wirkungsvoller muss sie ja wohl sein
Das geht los mit “Gelobt sei, was uns hart macht“ bzw. “Was uns nicht umbringt, macht uns hart “. Von einer grausamen Therapie, die so richtig wehtut und tief eingreift, versprechen wir Deutschen – um auch mal so richtig grob zu verallgemeinern – am meisten. Da muss der Arzt gar nicht lange reden, schon springen bei mir die Rechtfertigungsmechanismen an. Erst heftig vergiften, dann dumme Begründungen hinterherschieben. Und ja kein Leiden abmildern. Es könnte ja den Therapie Erfolg gefährden. Klar dass ich als Nachkriegskind da sofort darauf reinfalle: der alte Nazi lebt. Um nicht falsch verstanden zu werden: das mag ja vielleicht sogar der neueste Stand der Wissenschaft sein, aber dass die „Argumentation“ bei mir so prompt funktioniert, das ist alte Schule.

Schmerzhafte Eingriffe helfen auch in Ökonomie und Politik, heißt‘s
Der Mythos der harten Therapie funktioniert ja auch außerhalb der Medizin, in Wirtschaft wie Politik immer noch erstaunlich gut. Je schmerzhafter die Einschnitte, ob es um Entlassungen geht, um die Erhöhung von Soziallasten und das Zusammenstreichen von Sozialleistungen, um Austerität oder „Schlecker-Frauen“, je grober da der Klotz, desto wirkungsvoller scheint die Maßnahme (oder ihre Unterlassung). Merkel ist auch deshalb so beliebt, weil sie auf Austerität setzt und einen radikalen Sparkurs verordnet – allerdings vor allem den anderen in Europa. Ein Stück wagemutiger ist da schon unser Kretschmann. Er verdankt seine Glaubwürdigkeit auch den geradezu orgiastischen Reden, die er schon als Oppositionsführer übers Sparen losgelassen hat – im eigenen Land. Auch hier gilt wieder: Ich verdamme nicht die einzelne Maßnahme, sondern die Tatsache, dass sie unser einem so verdammt schnell einleuchtet, so ganz ohne jeglichen Beweis oder wenigstens ein paar Indizien.

Rechtspopulistisches Erbe
Leider ist die Liste solcher Gemeinplätze und Mythen sehr lang. Überall lauern sie, kommen einer demokratischen Politik und Lebensweise massiv und aus dem Nichts, weil unreflektiert, aber immer noch virulent, in die Quere. Dazu zählen die ganzen billigen Plätze des Rechtspopulismus, eh klar: Die pauschale Ablehnung und der generelle Widerwille gegen „die“ Politik, die Verleumdung des politischen „Streits“ und der Debattenkultur generell, die Illusion eines einheitlichen Volkswillens, aber auch die direkt bei den Nazis entliehene Hetze gegen den „Gutmenschen“. Der bewährte Führer-Mythos kann leicht im „unpolitischen“ Ruf nach dem „Führungsspieler“ wieder auftauchen. Und dass der Staat „aufräumen“ muss, also immer mal wieder die Grenzen legaler Gewalt und die des Rechtsstaats ausloten, also gelegentlich übertreten soll, dass „Chaos“ links und „Ordnung“ rechts sein soll, das alles verdankt sich einer über 1000 Jahre alten üblen unterschwelligen Tradition. Ordnung herrscht, wenn der Staat aufräumt. Und noch ein wirkungsvoller Nazi-Mythos lebt bis heute fort: http://www.cicero.de/salon/frau-fried-fragt-sich-wann-der-gute-mutter-mythos-endlich-ausstirbt/53172. Das Mutterverdienstkreuz lässt grüßen.

Volkswagen und Autobahnen: „Brücken in die Nazizeit“
Herfried Münkler („Die Deutschen und ihre Mythen“) hat sich vor ein paar Jahren mit den Mythen befasst und ihrem möglichen Überdauern nach der Nazizeit. Er meint zwar, dass im Nachkriegs-Westdeutschland nur ein unpolitischer, rein an Wohlstand und Konsum orientierter Gründungsmythos entstanden sei und die offiziöse Politik “demonstratives Desinteresse“ an politischen Mythen zeigte. „Es waren nur kleine und vor allem politikdistante Mythen, die den Deutschen nach 1945 aus ihren traditionellen Mythen zwecks Selbstvergewisserung und Neuorientierung zur Verfügung standen“. Aber auch er konstatiert die Anknüpfung an Nazi-Mythen wie den VW-Käfer, die „Ikone des neuen deutschen Selbstbewusstseins, und diese Ikone hieß Volkswagen“ „Die Deutschen, die ein Jahrzehnt zuvor Europa noch in Angst und Schrecken versetzt hatten, gaben sich im Käfer den Anschein der Harmlosigkeit. Dabei ist die Rückverwandlung des (militärischen) Kübelwagens in den (zivilen) Volkswagen selbst Ausdruck des Übergangs von der Beutegemeinschaft in die Konsumgesellschaft.“ Wie der Mythos der Autobahnen, die ja offenbar auch der Führer selbst gebaut hatte, brachte der umgerüstete Käfer „den Bruch mit der Vergangenheit zum Ausdruck und schlug doch zugleich Brücken in die Nazizeit“.

Unter den stillen, aber reaktivierbaren Gemeinplätzen: „chaotische Koalitionen“
Offenbar gibt es “stille Mythen“, die ganz beiläufig oder als bloßes Zitat auch ihre Wirkung tun, vom und im Austausch mit dem Volk genutzt werden, ohne offiziöse Inszenierung auskommen, aber kaum kritisch hinterfragt, weil als solche kaum bemerkt werden. Dazu gehört, uns im Landtagswahlkampf konkret behindernd, die deutsche Liebe zur straff geführten Einheitspartei, demokratisch abgemildert: zur Volkspartei. In der Propaganda der „klaren Mehrheiten“ bündeln sich Abscheu und Angst vor „Streit“ und „Chaos“. Noch grauenerregender ist nur die Vorstellung von Mehrparteien-Koalitionen – der europäische Normalfall. Anders als in anderen europäischen Ländern, mag bei uns niemand mit labilen Mehrheiten arbeiten.

Eine Dreierkoalition bedeutet mehr Demokratie
Die Vorstellung einer Dreierkoalition bedeutet für die meisten schon Chaos. In anderen Ländern leben Regierungen mit vier Parteien oder es gibt eine Minderheitsregierung. Das ist Normalität. Hier existiert immer noch die Vorstellung der Einheitspartei, der Gedanke der Volkspartei. Das Volk soll in Deutschland buchstäblich mit einer Sprache sprechen – auch hier gegen den, diesmal weltweiten, Befund der Vielsprachigkeit der Staatsvölker. Diese Vorstellungen sind so tief in den Köpfen verankert, dass eine Dreierkoalition das schiere Chaos und ein Gräuel ist. Wenn wir genau das aber zustande brächten, würde das alleine für demokratischere Verhältnisse sorgen. Dann sieht man öffentlich, dass man in einer Demokratie aushandeln muss, dass man streiten muss, dass man diskutieren muss. Aber das ist leider für viele eine Angstvorstellung. Deshalb haben wir hier noch ein gutes Stück Demokratisierungsarbeit vor uns. Aber es lohnt sich. Denn die Koalition selber wird einen weiteren Schub der europäischen Normalisierung und mehr Demokratie bringen.

Wenn man schon länger in der Landespolitik aktiv ist und sein Gedächtnis nicht verloren hat, sieht man manches vielleicht gelassener. Jedenfalls hat mich die aktuelle Umfrage des BR – http://bit.ly/ZG2R2E – nur darauf aufmerksam gemacht, dass wir, also wir Grünen und die Opposition insgesamt, noch einiges tun und auch ändern müssen, wenn wir tatsächlich im Herbst regieren wollen. Denn, so viel ist klar, wir haben es nicht geschafft, eine positive Dynamik zu entwickeln oder gar so was wie Wechselstimmung sichtbar werden zu lassen. Aber das hab ich, so wie die künftige „Dreier-Koalition“ im letzten Jahr agierte, auch gar nicht erhofft. Jetzt jedoch erwarte ich, dass alle drei nüchtern auf die Lage reagieren: Was müssen wir jeweils (und gemeinsam) ändern, damit wir unsere Chance nutzen?

Wir haben eine große Chance, nutzen wir sie

Das Sensationelle auch dieser Umfrage kann man vermutlich nur nachempfinden, wenn man, wie gesagt, ein paar Jahre zurückdenken kann: Wir haben eine große Chance! Das gab es jahrzehntelang nicht, so oft wir uns das auch vor den Wahlen jeweils eingeredet haben. Aber jetzt ist es mit Händen zu greifen und auch statistisch belegt. Und diese neue Lage hat sich verfestigt. Trotz aller Unkenrufe und CSU-Hoffnungen auf absolute Mehrheiten hat bisher niemand die alten schrecklichen Zeiten herbeireden können. Es gibt zwar keine Trendwende zugunsten neuer Mehrheiten, aber es gibt vor allem keinen Roll back. Es geht um wenige Prozentpunkte: Vergleichsweise wenig Wählerinnen und Wähler werden im Herbst entscheiden, wo’s hingeht.

Es geht ums Ganze!

Deshalb ist auch die SZ-Schlagzeile „CSU wieder auf dem Weg zur absoluten Mehrheit“ – http://sz.de/1.1568527 – blanker Unsinn. Trotz statistischer Zugewinne der CSU im Vergleich zum letzten Jahr hat sich nicht wirklich was geändert. Schon gar nicht, wenn man die 3 Prozentpunkte berücksichtigt, die nach statistischer Kunst zu- oder abgerechnet werden müssen. Die Landespolitik stagniert immer noch auf der Kippe, eine Entscheidung ist nicht gefallen, d.h. nichts anderes als dass wir endlich auch so planen und handeln müssen: Es geht ums Ganze! Das heißt für mich aber auch, dass SPD, Freie Wähler und wir Grüne nicht einfach so weiter machen dürfen. Jetzt ist mehr gefragt als business as usual. Eine solche strategische Lage gab es in Bayern noch nie. Deshalb sind auch neue Maßnahmen nötig.

Man schreibt keinen politischen Nachruf auf einen Mann, der gerade seine erneute und sicher erfolgreiche Landtagskandidatur angekündigt hat. Aber ich nutz die Gelegenheit, an ihn zu erinnern, so lange sein Name nicht ganz vergessen ist. Denn Annette Ramelsberger beschreibt im SZ-Magazin Erwins Hubers Lage und Perspektiven so: „Ein Mann kämpft sich nach unten. Vom Parteichef zum Hinterbänkler: Erwin Hubers rätselhafter Neuanfang“. Da scheint dann doch Eile geboten. Nicht dass er unbemerkt im Unscheinbaren und Kleinlichen verschwindet. Deshalb ein paar Sätze des Respekts.

Kleiner Mann, nicht ganz groß

Das Feindbild „Huber“ war immer leicht auszumachen. Nur wenige konnten so perfekt den Kotzbrocken für den politischen Gegner geben. Interessanter ist da schon, was nicht ohne weiteres ins Schwarz-Weiß-Schema passt, wie z.B. sein persönlicher Aufstieg von ganz unten. Dass dank CSU und dem von ihr geführten Staat ihm eine solche Laufbahn möglich wurde, hat ihn ihr mit Haut und Haaren verpflichtet. Der beste Diener jedes ihrer Herrn, fähig, jede Aufgabe zu erfüllen, die ihm übertragen wurde. Deshalb war die Vorstellung, er könne selber Chef werden, ein tragisches Missverständnis: woher sollten jetzt die Aufträge kommen? Das konnte nur in Führungs- und Orientierungslosigkeit enden. Erst recht im Verbund mit seinem beschränkten Tandem-Partner Beckstein. Huber scheiterte am Subalternen: dass er sich von unten hochgearbeitet, aber davon nie wirklich frei gemacht hatte.

Ein paar Highlights

Huber hat einige Anekdoten geliefert, die in meiner Sammlung politischer Evergreens ganz weit vorne stehen. So hat er mich mal bei einer Veranstaltung begrüßt, anerkennend schmunzelnd: „Die Premium-Opposition“, um nach kurzer Pause hinzuzusetzen: „Und wir sind die Premium-Regierung“. Ein anderes Mal hat der gelegentlich auch mal bedeutende niederbayerische Philosoph gesagt: „In der Politik kommt es nicht auf groß oder klein an, sondern auf richtig oder falsch.“ Und, bei wieder einer anderen Gelegenheit, schließlich, mit seinem unverwechselbaren niederbayerischen Akzent: „Luck is when opportunity meets preparation.”

No better Benglish

Das Selbstbewusstsein von Huber Erwin, mit dem er sich als Minister im Ausland hinstellte und unverfälschtes Bavarian English redete, hat mich beeindruckt. Perfekt die fremde Sprache zu sprechen, gelingt ohnehin bestenfalls denen, die ein paar Jahre im Land leben. Ansonsten hört man immer wo man herkommt, und das Wichtige ist doch, verstanden zu werden, oder? Wie selbstverständlich haben wir uns in Indien und anderswo mit dortigen extremen Akzenten vertraut gemacht, dankbar für alle Bemühungen, uns sprachlich entgegenzukommen. Und trotzdem hat unsereins einen Hang zum Perfektionismus und versucht, die Herkunft im Ausland zu leugnen. Das kann einem Huber nicht passieren. Er kokettiert mit seinem Akzent, weil er das Zeichen eines Aufstiegs ist – seines eigenen und der einer Region.

Der Frauen-Versteher

Unvergessener Höhepunkt und Chance für uns beide, den jeweils anderen aus ungewohnter Perspektive zu erleben, waren die Delegationsreisen, zu denen er damals als Medienminister u.a. auch mich mit nahm. So waren wir zuzeiten des Internet-Booms in Indien, u.a. auch auf der Suche nach den berühmten Computer-Indern. Bayern sei „world open“, hat er da der überraschten Welt verkündet, während zu Hause noch die Abwehrkämpfe liefen. Aber er konnte in seiner Leistungsfähigkeit noch deutlich weiter gehen. Teil des Reiseprogramms war auch ein protokollarischer Besuch bei der Gouverneurin der Provinz in Bangalore. Der Palast aus der britischen Kolonialzeit, ebenso das steife Tee-Zeremoniell. Wir saßen da rum wie bestellt und nicht abgeholt. Drückendes Schweigen, nachdem die Höflichkeiten ausgetauscht waren. Da rattert es sichtbar in Erwin Huber, er holt weit aus und bricht erfolgreich jedes Eis: „Wie ist es denn so als Frau in der Politik, unter all den Männern?“